Markus Belz Redaktionsleiter

Veröffentlicht am: 09.07.2025

Das Logo von Meta vor einem schwarzen Hintergrund.

Meta erntet Kritik: Kaum Initiative gegen unerlaubte Glücksspielwerbung

Lesezeit: ca. 10 min
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Das Wichtigste in Kürze:
  • Meta behandelt Glücksspielwerbung deutlich lockerer als Aufklärungskampagnen, wodurch problematische Inhalte leichter verbreitet werden können.
  • In Ländern wie Spanien und Litauen führen klare gesetzliche Beschränkungen zu messbar weniger Glücksspiel-Neuregistrierungen und Werbeausgaben.
  • Trotz massiver Kritik und internationaler Regulierungsbeispiele fehlt bei Meta eine konsequente Verantwortung für die eigene Werbeinfrastruktur.

Meta Platforms Inc., der Mutterkonzern von Facebook, Instagram und WhatsApp, steht zunehmend in der Kritik. Der Konzern agiert als einer der größten globalen Werbemarktplätze und lässt gleichzeitig erhebliche Sorgfalt im Umgang mit Glücksspielwerbung vermissen. Während Organisationen, Behörden und auch Gerichte Maßnahmen gegen problematische Werbung fordern, zeigt sich Meta weitgehend passiv. Besonders bedenklich erscheint dabei, dass präventive Anti-Glücksspielkampagnen teils stärker kontrolliert werden als Glücksspielwerbung selbst.

Doppelte Standards bei der Anzeigeneinstufung

Ein zentrales Problem liegt in der ungleichen Behandlung von Glücksspielinhalten durch Metas Werbealgorithmus und Kontrollinstanzen. Die britische Open Rights Group (ORG) veröffentlichte eine umfangreiche Analyse mit dem Titel „Profiling by Proxy: How Meta’s Data‑Driven Ads Fuel Discrimination“. Diese Untersuchung zeigt auf, dass Anzeigen mit Aufklärungscharakter – beispielsweise über Spielsucht – von Meta als „politische Inhalte“ eingestuft werden. Daraus ergeben sich besondere Anforderungen wie eine Identifizierung des Auftraggebers sowie Einträge in die öffentliche Werbebibliothek.

Im Gegensatz dazu werden klassische Glücksspielanzeigen nicht als besonders sensibel kategorisiert. Sie können dadurch deutlich einfacher und mit weniger Nachweispflichten geschaltet werden. Selbst Anzeigen für sogenannte Social Casino Games, die reale Glücksspielfunktionen imitieren, unterliegen keinen erweiterten Auflagen. Dieses Missverhältnis führt dazu, dass Kampagnen mit gesundheitspolitischem Ziel größeren bürokratischen Hürden unterliegen als wirtschaftlich motivierte Werbung.

Die Werbebibliothek von Meta ist zwar grundsätzlich öffentlich zugänglich, allerdings nur für Nutzer mit einem aktiven Meta-Konto. Dies erschwert unabhängigen Forschern, Behörden und NGOs die Überprüfung von Werbemustern und Targeting-Strategien erheblich. Die Open Rights Group fordert eine einheitliche, kategorienneutrale Transparenzpflicht, unabhängig davon, ob eine Anzeige profitorientiert oder präventiv ist.

Gefährliche Zielgruppenansprache durch Datenerfassung

Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist die datengetriebene Personalisierung der Werbung. Über das Tool „Meta Pixel“, das auf zahlreichen Webseiten eingebunden ist, sammelt Meta detaillierte Informationen über Nutzerverhalten – auch außerhalb seiner Plattformen. Dazu gehören besuchte Seiten, angesehene Produkte, Kaufverhalten, Scroll-Verhalten und Verweildauer.

Diese Daten fließen in algorithmisch erzeugte Nutzerprofile ein. Auf Basis dieser Profile wird entschieden, welche Werbung einem Nutzer angezeigt wird. Genau darin liegt das Problem: Werbetreibende im Glücksspielsektor können besonders gefährdete Personen – wie Spielsüchtige oder junge Erwachsene – gezielt ansprechen. Die technische Infrastruktur dafür existiert und ist aktiv im Einsatz.

Studien weisen nach, dass Werbung bei gefährdeten Personen das Rückfallrisiko massiv erhöht. Die ORG warnt ausdrücklich vor einer systematischen Wiederansprache von Personen mit dokumentiertem oder potenziellem Risikoverhalten. Das Prinzip der „Profitmaximierung durch Risikokonzentration“ ist in diesem Zusammenhang besonders brisant: Denn genau die Nutzergruppe, die am stärksten gefährdet ist, stellt gleichzeitig die wirtschaftlich lukrativste Zielgruppe dar.

Trotz dieses Wissens hat Meta bislang keine verpflichtenden Schutzmechanismen für besonders anfällige Gruppen implementiert. Auch fehlen externe Kontrollinstanzen oder staatliche Auflagen zur Einschränkung algorithmischer Werbung für Glücksspielangebote. Der derzeitige Zustand führt zu einem Schutzdefizit auf Kosten der Gesundheit vulnerabler Menschen.

Europa reguliert – doch Meta bleibt außen vor

Während einige europäische Länder mit klaren Gesetzesinitiativen gegen aggressive Glücksspielwerbung für Wettanbieter und Online Slot Casinos vorgehen, hinken Plattformen wie Meta bei der Umsetzung ihrer Verantwortung hinterher. Gerichtsurteile, politische Maßnahmen und Werbebeschränkungen zeigen international Wirkung – doch die Einbindung digitaler Werbegiganten bleibt vielerorts lückenhaft. Der Vergleich verschiedener Staaten macht deutlich, wie unterschiedlich der Umgang mit Glücksspielwerbung gehandhabt wird – mit spürbaren Folgen für Anbieter, Nutzer und Plattformbetreiber.

Gerichtliches Machtwort in Großbritannien

Ein bedeutendes Urteil in Großbritannien verdeutlichte jüngst, welche Verantwortung Werbeanbieter tatsächlich tragen. Ein ehemaliger spielsüchtiger User hatte den Wettanbieter Sky Bet verklagt, weil dieser ihm trotz dokumentierter Spielsucht weiterhin personalisierte Werbung zusandte. Der britische High Court gab dem Kläger Recht und urteilte, dass Anbieter verpflichtet sind, bekannte Risikomuster zu beachten und Betroffene nicht weiter zu bewerben.

Dieses Urteil führte zu unmittelbaren politischen Reaktionen. Die britische Glücksspielaufsicht (UKGC) verschärfte ihre Richtlinien. Seit Mai 2025 müssen Anbieter ihre Kunden aktiv über Werbeeinstellungen informieren und ihnen die Möglichkeit geben, Kategorien und Kanäle der Werbung selbst zu bestimmen. Diese Regelung gilt für alle lizenzierten Online Glücksspielanbieter in Großbritannien.

Im Vergleich dazu bleibt Meta weitgehend unreguliert. Der Konzern zählt nicht zur Gruppe der lizenzierten Anbieter, sondern stellt lediglich die Plattform für deren Werbung bereit. Dennoch ergibt sich aus der Rolle als Verbreitungskanal eine klare Mitverantwortung, die bislang nicht angemessen wahrgenommen wird. Auch politische Institutionen in anderen europäischen Ländern diskutieren mittlerweile, ob Plattformen wie Meta in die Werberegulierung für Glücksspiele einbezogen werden müssen.

Litauen geht mit gestuftem Werbeverbot voran

Ein konkretes Gegenbeispiel zum zögerlichen Handeln Metas stellt Litauen dar. Dort trat am 1. Juli 2025 ein neues Glücksspielgesetz in Kraft, das ein stufenweises Verbot von Glücksspielwerbung vorsieht. Ziel ist es, die Sichtbarkeit solcher Angebote systematisch zu verringern und langfristig die damit verbundenen sozialen Risiken zu minimieren.

Die aktuellen Vorschriften beschränken Werbung auf unternehmenseigene Räume und digitale Präsenzen. Klassische externe Werbung – etwa durch Plakate, Banner oder Fernsehsponsoring – ist untersagt. Im Online-Bereich wurden strenge Auflagen eingeführt: Werbespots dürfen höchstens 15 Sekunden dauern, zwischen 6 und 18 Uhr sind pro Stunde maximal drei Spots erlaubt, zwischen 18 Uhr und Mitternacht nur noch zwei. Direktlinks zu Wettplattformen in Onlineanzeigen sind untersagt.

Sponsoring von Sport-, Kultur- oder Sozialprojekten bleibt erlaubt, allerdings dürfen Glücksspielanbieter nicht mehr als Namensgeber von Vereinen oder Ligen auftreten. Dieser Bereich soll bis 2028 weiter eingeschränkt werden, wenn ein vollständiges Werbeverbot in Kraft tritt. Das litauische Parlament hatte dem Gesetz bereits 2024 mit breiter Mehrheit zugestimmt, was die hohe politische Priorität des Themas unterstreicht.

Spanien als Fallbeispiel für wirksame Beschränkungen

Spanien implementierte bereits im Jahr 2020 umfassende Restriktionen für Glücksspielwerbung. Dabei wurden Boni, Werbung mit Prominenten sowie Sponsorennamen in Sportligen untersagt. Seitdem unterliegt Glücksspielwerbung zeitlichen Einschränkungen im Fernsehen und ist in sozialen Netzwerken stark reduziert.

Die Folgen dieser Maßnahmen lassen sich deutlich beziffern. Die Zahl neu registrierter Online Glücksspielkonten sank zwischen 2020 und 2023 um über 55%. Auch die Marketingausgaben der Anbieter gingen erheblich zurück. Besonders auffällig ist der Rückgang im Bereich Sponsoring: Hier schrumpfte das Volumen von über 25 Millionen Euro auf weniger als vier Millionen jährlich.

Deutschland im Zwiespalt: Regulierung ja, Konsequenz nein

Deutschland hat mit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags im Juli 2021 den rechtlichen Rahmen für Online Glücksspiel grundlegend reformiert. Seitdem sind Online Sportwetten, digitale Slots und Poker unter staatlicher Aufsicht erlaubt – vorausgesetzt, Anbieter verfügen über eine deutsche Lizenz. Gleichzeitig sollten Maßnahmen zum Spielerschutz, zur Suchtprävention und zur Werberegulierung gestärkt werden. In der Praxis bleiben jedoch erhebliche Lücken bestehen.

Werbung für Glücksspiel ist in Deutschland weiterhin zulässig, unterliegt aber gewissen Einschränkungen. So darf klassische TV-Werbung für Online Glücksspiel nur zwischen 21 Uhr und 6 Uhr ausgestrahlt werden – eine Regelung, die jedoch durch Sponsoring und digitale Kanäle weitgehend umgangen wird.

Auch im Internet ist Glücksspielwerbung erlaubt, sofern sie keine Jugendlichen anspricht und klar als solche gekennzeichnet ist. Prominente Gesichter oder Influencer treten regelmäßig als Werbebotschafter auf und promoten auch beste deutsche Casinos – eine Praxis, die in Ländern wie Spanien längst untersagt ist.

Glücksspielwerbung mit Prominenten aus Deutschland:

  • Oliver Kahn (Tipico): Von 2013 bis Ende 2020 das Gesicht der Tipico-Kampagnen. Trat in TV-Spots, Stadionwerbung und Onlinekampagnen auf – mit dem bekannten Slogan „Ihre Wette in sicheren Händen“.
  • Lukas Podolski (XTiP / Merkur Bets): Zwischen 2018 und 2020 als Markenbotschafter aktiv. Besonders bekannt wurde sein humorvoller Werbespot, in dem er einen Elefanten rückwärts einparkt.
  • Kevin Kuranyi (22Bet): Der frühere Nationalspieler war Ende 2018 offizielles Testimonial des Wettanbieters 22Bet. Er trat in diversen Print-, Online- und TV-Kampagnen auf.
  • Mario Basler (Digibet / wetten.de): Nutzte seine kultige Außenseiterrolle in Werbekampagnen mit Fokus auf Unterhaltung, darunter die bekannte „Basler Wette“.
  • Thomas Berthold (Betclic): Der Fußball-Weltmeister von 1990 war 2012/13 Werbebotschafter von Betclic, u. a. in Kooperationen mit wohltätigem Hintergrund.
  • Wolff-Christoph Fuss (Betway): Seit 2023 als Markenbotschafter von Betway im Einsatz. Kommentiert im „Betway Insider“-Format aktuelle Fußballtrends mit Wettbezug.
  • Ansgar Brinkmann (sportwetten.de): Seit 2018 offizielles Werbegesicht von sportwetten.de, mit gezielten Kampagnen in Print und online, vor allem zur Bundesliga.
  • Jürgen Klopp (BetVictor): Von 2016 bis 2019 internationaler Werbebotschafter des britischen Wettanbieters BetVictor. Die Zusammenarbeit wurde aufgrund wachsender gesellschaftlicher Kritik 2019 beendet.

Gerade im Hinblick auf Plattformen wie Meta zeigen sich deutliche Schwächen in der Durchsetzung. Der Glücksspielstaatsvertrag bezieht sich vorrangig auf lizenzierte Anbieter – nicht aber auf die Plattformen, die ihre Werbeanzeigen verbreiten. Somit bleibt Meta auch in Deutschland weitgehend außen vor, obwohl über Facebook und Instagram zahlreiche Glücksspielanzeigen geschaltet werden.

Eine systematische Kontrolle findet nicht statt. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL), zuständig für die Überwachung legaler Anbieter, hat bislang keine rechtlichen Mittel, Meta zu verpflichten, problematische Werbung zu blockieren oder spezifische Zielgruppen auszuschließen. Dies führt dazu, dass auch in Deutschland gefährdete Personen keine ausreichende Schutzbarriere gegenüber aggressiver Glücksspielwerbung auf sozialen Netzwerken erfahren.

Darüber hinaus bleibt die Werbung für nicht lizenzierte Angebote ein drängendes Problem. Immer wieder werden über Meta-Plattformen Anzeigen ausgespielt, die auf illegale Anbieter verlinken – etwa Online Casinos ohne gültige Genehmigung in Deutschland. Solche Inhalte werden zwar gelegentlich nachträglich entfernt, doch das Kontrollniveau ist unzureichend.

Experten und Suchthilfeeinrichtungen fordern deshalb seit Jahren, auch Plattformbetreiber wie Meta gesetzlich in die Verantwortung zu nehmen. Während Staaten wie Litauen ein vollständiges Werbeverbot aufbauen, bleibt Deutschland in einem regulatorischen Zwischenraum, der zwar formal reguliert – aber praktisch kaum Wirkung entfaltet.

Vergleich: Regulierung und Auswirkungen

Die folgende Tabelle zeigt, dass konsequente Werbebeschränkungen eine nachweisbare Wirkung auf das Nutzerverhalten haben können. Die Reduktion der Sichtbarkeit führt zu weniger Neuregistrierungen und geringeren Ausgaben für Glücksspielanbieter. Gleichzeitig bleiben Stammkunden stabil, was belegt, dass sich der Eingriff primär auf risikobehaftete Erstkontakte auswirkt.

Land Einführung der Maßnahmen Hauptmaßnahmen Veränderung neuer Nutzer Marketingausgaben
Deutschland Glücksspielstaatsvertrag seit Juli 2021 Lizenzen für Anbieter, Werbebeschränkungen (z. B. TV-Werbung nur 21-5 Uhr), Sponsoring erlaubt Kaum Veränderung bisher erkennbar Werbeausgaben weiter wachsend
Spanien 2020-2021 Boni-Verbot, Promi-Verbot, TV-Zeitgrenzen -55 % in drei Jahren -39 % Marketingausgaben
Litauen Juli 2025, vollständiges Verbot ab 2028 Zeitfenster, Spotlänge, Sponsoring-Einschränkung Noch keine Daten Noch keine Daten
Großbritannien Mai 2025 (gerichtlich und regulatorisch) Opt-out-Systeme, Selbstbestimmung der Kanäle Noch keine Daten Noch keine Daten

Meta in der Verantwortung: Mehr als nur Plattformbetreiber

Meta selbst profitiert in hohem Maße von Glücksspielwerbung. Werbeanzeigen sind der mit Abstand größte Umsatzträger des Konzerns. Im Jahr 2023 erzielte Meta rund 134,9 Milliarden US-Dollar Umsatz, davon über 97% durch Werbung. Das Unternehmen beschäftigt über 67.000 Mitarbeiter und kontrolliert mit Facebook, Instagram und WhatsApp drei der weltweit meistgenutzten sozialen Plattformen.

Als Gatekeeper dieser digitalen Räume hat Meta nicht nur wirtschaftliche Macht, sondern auch gesellschaftliche Verantwortung. Die selektive Transparenz bei Werbeanzeigen und der fortgesetzte Einsatz sensibler Nutzerdaten für zielgerichtete Glücksspielwerbung widersprechen dieser Verantwortung. Angesichts der belegten Gefahren für vulnerable Gruppen wie Jugendliche oder Suchtgefährdete bleibt ein strukturiertes Eingreifen zwingend erforderlich.

Weder Selbstregulierung noch freiwillige Anpassungen reichen aus, um die bekannten Risiken zu begrenzen. Die internationale Entwicklung zeigt, dass legislative Maßnahmen Wirkung zeigen – in Form geringerer Neuregistrierungen, sinkender Werbeausgaben und besserem Spielerschutz. Solange Meta jedoch weiterhin seine wirtschaftlichen Interessen über gesundheitspolitische Belange stellt, bleiben solche positiven Effekte auf der Plattform selbst aus. Der öffentliche Druck wächst – und mit ihm die Forderung nach echten Reformen.

Markus Belz - Redaktionsleiter bei onlinecasinosdeutschland.de
Markus Belz Redaktionsleiter bei
Markus Belz, geboren 1984 in Berlin, ist Redaktionsleiter bei onlinecasinosdeutschland.de und lebt in Frankfurt. Er liebt Radfahren, Fußball und Poker. Seine Leidenschaft für Glücksspiele begann in Las Vegas. Seit 2012 im Team, leitet er es seit 2014. Mit seinem Motto „Jeder ist seines Glückes Schmied“ liefert er verlässliche Infos über Online Casinos.
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